Die Erfahrungen von polizeilichen Fachpersonen zeigen, dass es im Vorfeld von schweren zielgerichteten Gewalttaten immer Anzeichen gab bzw. dass der Täter oder die Täterin vorgängig bestimmte Merkmale aufwies und/oder Verhaltensweisen an den Tag legte (Leaking). Ziel eines Bedrohungsmanagements ist es, diese Vorzeichen zu erkennen, die Eintrittswahrscheinlichkeit des drohenden Verhaltens einzuschätzen und gegebenenfalls zu entschärfen. Damit dieses Erkennen, Einschätzen und Entschärfen gelingt, ist eine systematische, überinstitutionelle und professionelle Zusammenarbeit notwendig. Nur so können die Informationen, die das Erkennen, Einschätzen und Entschärfen von Bedrohungen ermöglichen, zusammengetragen werden.

Idealerweise umfasst ein kantonales Bedrohungsmanagement (KBM) die folgenden Aspekte:

  • Gesetzliche Grundlagen
    Jedes behördliche Handeln und somit auch jede Verwaltung und Weitergabe von Personendaten braucht eine gesetzliche Grundlage.
  • Zugriff auf Daten und Datenverwaltung
    Im Krisenfall kann einfach und zeitnah auf die relevanten Daten zugegriffen werden. Eine Datensammlung, in welcher Daten von Menschen mit erhöhter Gefährlichkeit verwaltet werden, ist vorhanden. Es ist festgelegt, aufgrund welcher Kriterien jemand in die Datensammlung aufgenommen wird und unter welchen Umständen die Daten gelöscht werden. Es ist definiert, wer Zugang zu dieser Sammlung hat und wer für die Verwaltung der Daten zuständig ist.
  • Risikoanalyse-Instrumente und Analyseinstrumente zur Rückfallprognose
    Es werden evaluierte, für die Fragestellung und Thematik geeignete Instrumente durch Fachpersonen angewendet.
  • Krisenteam und Fallmanagement
    Ein Kernteam organisiert das KBM. Alle wesentlichen Institutionen sind in den jeweiligen Krisen- und Fallteams abhängig von der Thematik vertreten und die Verantwortlichen sind miteinander vernetzt. Es ist definiert, welche Institution und welche Person in ihrer Funktion innerhalb dieser Institution bei welcher Bedrohungslage den Lead übernimmt bzw. über die zu treffenden Massnahmen entscheidet.
  • Kontinuität
    Die Verantwortlichkeiten innerhalb des kantonalen Bedrohungsmanagements sind klar geregelt und nicht an engagierte Einzelpersonen in den Institutionen gebunden. Das vorhandene Knowhow und neue Erfahrungswerte fliessen kontinuierlich und durch regelmässig stattfindende Schulungen von Mitarbeitenden ein. Neue Mitarbeitende werden in das KBM eingeführt.
  • Erfasste Themen und Phänomene
    Es werden alle Formen von zielgerichteter Gewalt erfasst, insbesondere angedrohte Gewalttaten in Zusammenhang mit a) Häuslicher Gewalt sowie Drohungen, die b) die Verwaltungs- oder c) Schulsicherheit gefährden.

Die Berücksichtigung aller genannten Aspekte eines KBM führt zu einer idealtypischen Variante beim Management von Menschen mit einer (möglicherweise) erhöhten Gefährlichkeit. Auch thematisch oder organisatorisch enger gefasste Projekte, können als KBM bezeichnet werden sowie der gestaffelte Aufbau eines thematisch umfassenden KBMs. Wenn jedoch nur eine Behörde, typischerweise die Polizei, Bedrohungslagen situativ und personell einschätzt, kann nicht von einem KBM gesprochen werden.

Qualitätsstandards der kantonalen Bedrohungsmanagements

Das Kantonale Bedrohungsmanagement bildet im Bereich der präventiv-polizeilichen Gefahrenabwehr einen wichtigen Pfeiler und trägt insbesondere zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt sowie zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus bei. Es leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Zahl schwerer Gewaltdelikte in diesem Kontext.

Die Schweizerische Kriminalprävention (SKP) wurde 2014 durch ihre Leitungskommission beauftragt, eine Umfrage zur Situationsanalyse in den einzelnen Schweizer Kantonen durchzuführen. Ziel war es, nebst dem allgemeinen Status Quo in Erfahrung zu bringen, welche Analyseinstrumente zur Gefährlichkeitseinschätzung in den Kantonen verwendet werden und welche Erfahrungen diesbezüglich gemacht wurden, sowie die Koordination zwischen den Kantonen zu erleichtern und die betroffenen kantonalen Fachpersonen und Stellen zu vernetzen. Der ausführliche Bericht mit den Kontaktdaten aus den Kantonen kann über das SKP-Intranet für Polizeikreise heruntergeladen werden.

Aufgrund der grossen Bedeutung des Kantonalen Bedrohungsmanagements bei der Bekämpfung Häuslicher Gewalt haben sich die Kantone im Frühjahr 2021 im Rahmen der mit dem Bund gemeinsam verabschiedeten Roadmap Häusliche Gewalt dafür ausgesprochen, einen Schwerpunkt auf die weitere Stärkung des Kantonalen Bedrohungsmanagements zu legen.

In der Folge wurde eine Arbeitsgruppe der KKPKS damit beauftragt, Qualitätsstandards für ein Kantonales Bedrohungsmanagements zu erarbeiten. Als Ausgangspunkt diente die durch die Schweizerische Kriminalprävention publizierte Situationsanalyse. Als Ergebnis liegt nun ein Grundlagenpapier zur Definition von Qualitätsstandards für ein Kantonales Bedrohungsmanagements vor.

Im Jahr 2023 wurde durch eine kantonsübergreifende Erfahrungsarbeitsgruppe (CH-Erfa-Team Bedrohungsmanagement) ein Controlling-Instrument bezüglich Umsetzung der KBM QM-Standards entwickelt. Die KKPKS hat dieses genehmigt, worauf eine Umfrage zur Umsetzung in den Kantonen durchgeführt wurde. Die Übersicht der Ergebnisse kann hier eingesehen werden. In der Zwischenzeit wurde eine formelle Arbeitsgruppe Kantonales Bedrohungsmanagement (AG KBM) bei der Vereinigung der Schweizerischen Kripochefs (VSKC) angesiedelt. Die Arbeitsgruppe ist insbesondere für den interkantonalen Informationsaustausch, die Harmonisierung der Abläufe und Strukturen sowie für das CH-Erfa-Team Bedrohungsmanagement zuständig.

Bedrohungsmanagements nach Kantonen

Bedrohungs- und Risikomanagement des Kantons St. Gallen

Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Neuenburg

Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Bern

Kantonales Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Zürich

Kantonales Bedrohungsmanagement des Kantons Solothurn

Kantonales Bedrohungsmanagement des Kantons Glarus

Kantonales Bedrohungsmanagement des Kantons Luzern

Bedrohungsmanagement der Stadt Zürich

Fachstelle Gefahrenabwehr und Bedrohungsmanagement des Kantons Thurgau

Bedrohungsmanagement des Kantons Baselland

Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Freiburg

Informationen und Hinweise zum Umgang mit Staatsverweigerer und Selbstverwalter

Von den Mitgliedern der AG KBM sowie des Gremiums “Sensibilisierungsmassnahmen Staatsverweigerer”, wurde 2024 ein Faktenblatt zum Phänomen “Staatsverweigerer und Selbstverwalter“ erstellt. Das Dokument ist primär an Ämter auf allen Stufen gerichtet (Bund, Kantone, Städte/Gemeinden), welche sich mit dem Phänomen “Staatsverweigerer und Selbstverwalter“ konfrontiert sehen und enthält Informationen zum Phänomen und Hinweise zum herausfordernden Umgang mit Angehörigen dieser Gruppen. Es ist als PDF-Dokument verfügbar und kann bei Bedarf ausgedruckt und behördenintern weitergegeben werden.

Liste zu den regionalen Fach- und Anlaufstellen: www.svs.admin.ch/radikalisierung

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