Der Handel mit der Ware Mensch befindet sich seit geraumer Zeit in einem Wandel. Die vereinfachte Mobilität sowie die globale Vernetzung mit Hilfe der neuen Kommunikationsmittel beeinflussen das Ausmass und Vorgehen im Gebiet des Menschenhandels massgeblich. Aus diesem Grund kann Menschenhandel selten als lokales Problem betrachtet werden, das durch wenige präzise Massnahmen behoben werden kann. Menschenhandel ist eine internationale Verbrechensform, die auf internationaler, nationaler und kantonaler Ebene bekämpft werden muss.

Definition

Menschenhandel ist ein Überbegriff und umfasst verschiedene Formen der Ausbeutung. Gemäss Schweizerischem Strafgesetzbuch Art. 182 werden die folgenden Tätigkeiten als Menschenhandel bezeichnet und unter Strafe gestellt: Menschen anwerben, vermitteln, anbieten, beherbergen oder annehmen zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans. Der Handel mit Kindern kann zum Zweck all dieser Ausbeutungsformen geschehen.

Menschenhandel geht in den meisten Fällen mit Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit einher.

Formen von Menschenhandel

Menschenhandel zwecks sexueller Ausbeute

Als sexuelle Ausbeutung werden nebst der Zwangsprostitution auch das pornografische Darstellen und die Herstellung von pornografischem Material verstanden, sofern dies unter Zwang geschieht. Opfer des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung werden hauptsächlich Frauen und Kinder. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf den Handel mit Frauen.

Frauen und Mädchen werden in ihren Heimatländern oft gezielt durch Stellenvermittlungsagenturen, Zeitungsannoncen und durch direktes Ansprechen (z.B. in Diskotheken) angeworben. Häufig wird ihnen dabei eine seriöse Arbeitsmöglichkeit (z.B. als Kellnerin oder Fotomodell) oder eine Eheschliessung versprochen. Manchmal werden sie aber auch direkt als Tänzerinnen oder Prostituierte rekrutiert. Über die tatsächlichen Arbeits- und Lebensbedingungen werden sie jedoch wenig wahrheitsgetreu informiert. Die Händler organisieren anschliessend den Grenzübertritt in die Schweiz: Dieser erfolgt entweder legal mit einem Touristenvisum oder einer Kurzaufenthaltsbewilligung oder illegal mit gefälschten Ausweispapieren, über visumsfreie Länder, über die «grüne Grenze» oder durch eine Scheinehe.

In der Schweiz angekommen, nehmen die Händler den getäuschten Frauen oft ihre Papiere und allfällige Rückflugtickets ab. Sie übergeben sie an Zuhälter und Bordellbetreiber, die sie «bestellt» haben und zahlen den Händlern den vereinbarten Preis für die «Ware» respektive eine Vermittlungsgebühr. Die Zuhälter und Bordellbetreiber behaupten nun gegenüber den Frauen, dass sie für sie eine Vermittlungsgebühr bezahlen mussten und sie ihre Papiere erst dann wieder bekommen würden und nach Hause reisen könnten, wenn sie die Gebühr abgearbeitet haben.

Um ihre vermeintlichen Schulden abzubezahlen, werden die Frauen fortan gezwungen, illegal in Massagesalons, Wellness- und Saunaklubs, in Hotelbars, auf dem Strassenstrich oder bei einem Escort-Service zu arbeiten. Die Zuhälter und Bordellbetreiber machen ihre Opfer mit Drohungen, physischer, psychischer oder sexueller Gewalt, Medikamenten und Drogen gefügig. Sie kontrollieren und überwachen sie oft pausenlos. Viele Opfer brechen aus dem Zwangsverhältnis nicht aus, weil sie Angst vor den Konsequenzen für sich und ihre Familienangehörigen in der Heimat haben und ihnen schlicht die Kraft dazu fehlt. Selbst wenn sie von der Polizei aufgegriffen werden und als Opfer von Menschenhandel identifiziert werden, kooperieren sie deshalb nicht immer mit den Schweizer Behörden.

Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft

Für Arbeitsmigranten und -migrantinnen ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung führt der Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt meistens über illegale Arbeitsvermittler und Schlepper, die ein hohes Entgelt für ihre Dienste verlangen. Den Opfern werden im Vorfeld der illegalen Einreise teilweise falsche Zusicherungen über die Möglichkeiten der Beschäftigung in der Schweiz sowie die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen gemacht. Über die Höhe der Entlohnung wird kaum gesprochen. In vielen Fällen stellt jedoch bereits ein geringes Gehalt die bessere Alternative zur Arbeitslosigkeit im Heimatstaat dar.

Am Arbeitsplatz werden arbeitsrechtliche Verpflichtungen, wie Arbeitsbedingungen, Entlohnung sowie Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz weitgehend umgangen. Dies ist kennzeichnend für diese Form von Menschenhandel, der rücksichtslosen Nutzung von Menschen als billige Arbeitskräfte. Die Ausbeutung und Gewalt gegenüber den ausländischen Arbeitskräften in der Schweiz reichen von keiner oder sehr schlechter Bezahlung, Essensentzug, psychischer Misshandlung, fehlender Freizeit, Isolation bis hin zu Körperverletzung und sexueller Gewalt. Die Händler vermitteln Menschen als Arbeitskräfte in unterschiedliche Bereiche. Die Opfer arbeiten zum Beispiel im Gastgewerbe oder in der Baubranche oder werden als Hausangestellte in Privat- oder Diplomatenhaushalte vermittelt.

Kinderhandel

Kinderhandel bedeutet, wie beim Menschenhandel im Allgemeinen, den Transport eines Kindes an einen anderen Ort, die Übergabe an eine Drittperson oder die Entgegennahme eines Kindes mit dem Ziel, das Kind auszubeuten. Zum einen werden Kinder vom Ausland in die Schweiz gebracht, zum anderen werden Kinder, die hier aufwachsen, ausgebeutet.

Die Nachfrage nach Kindern erfolgt in der Regel mit Blick auf eine illegale Adoption, eine Zwangsheirat oder um sexuelle Bedürfnisse in Form von Kinderpornografie und -prostitution zu befriedigen. Gelegentlich werden Kinder aber auch zur Begehung von kriminellen Taten (z.B. Diebstahl, Einbruch, Drogenhandel) eingesetzt oder zum Betteln gezwungen. Speziell unbegleitete Kinder und Jugendliche, auf deren Asylantrag nicht eingetreten wird und die in der Schweiz untertauchen, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, durch ihren prekären Aufenthaltsstatus Opfer von Menschen- bzw. Kinderhändlern zu werden.

Organhandel

Obwohl diese Form des Menschenhandels in der Schweiz bislang ein Randphänomen des Menschenhandels darstellt, hat die Schweiz den Handel mit menschlichen Organen als eigenständige Form des Menschenhandels in die Definition des Strafgesetzbuches aufgenommen (siehe Art. 182 StGB). Es ist verboten, für jegliche Spenden eines menschlichen Organes einen finanziellen Gewinn oder einen anderen Vorteil zu gewähren oder entgegenzunehmen (siehe auch Bundesgesetz über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen).

Menschenschmuggel

Menschenhandel und Menschenschmuggel ist nicht dasselbe. Beim Menschenschmuggel zahlen Immigrantinnen und Immigranten die Schmuggler, um illegal in ein gewünschtes Land einzureisen. Meist erfolgt eine solche Einreise unter sehr beschwerlichen Umständen. Personen, die über eine Grenze geschmuggelt werden, geraten nach der Einreise in ihr Wunschland oft in eine Schuldknechtschaft und werden von den Schmugglern ausgebeutet. Aus diesem Grund endet der Menschenschmuggel, der von den Immigrantinnen und Immigranten gewollt ist, für viele im Menschenhandel. Das Verbot zum Menschenschmuggel ist nicht wie das Verbot von Menschenhandel im Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) verankert, sondern im Artikel 116 (Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise sowie des rechtswidrigen Aufenthalts) des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG).

Täterinnen und Täter

Bei den Täterinnen und Tätern handelt es sich sowohl um Schweizer als auch um Ausländer, wobei die ausländischen Täterinnen und Täter meist dieselbe Nationalität aufweisen wie ihre Opfer. Menschenhandel wird überwiegend von Männern begangen. Nicht selten werden aber auch Frauen wegen Menschenhandel verurteilt, die früher selbst ausgebeutet worden sind und später im Gefüge der Organisation Kontroll- und Aufsichtsaufgaben übernommen haben und zu Mittäterinnen geworden sind.

In der Schweiz handelt es sich vielfach um Einzeltäter oder kleine, oft familiär oder ethnisch geprägte Gruppen, die Menschenhandel betreiben. Es gibt auch Hinweise auf organisierte Kriminalität. Menschenhandel tritt häufig mit anderen Deliktsarten in Erscheinung, beispielsweise mit Förderung von Prostitution, Urkundenfälschungen, Betäubungsmitteldelikten und Verstössen gegen das Ausländergesetz.

Opfer

Die Opfer der sexuellen Ausbeutung sind mehrheitlich weiblich und zwischen 17 und 25 Jahre alt. Sie stammen derzeit mehrheitlich aus den folgenden Nationen: Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Brasilien, Dominikanische Republik, Thailand, Nigeria und Kamerun. Die Anzahl der Opfer zu schätzen ist schwierig. Statistiken über die an Opfer von Menschenhandel geleistete Hilfe geben jedoch gewisse Anhaltspunkte.

Rechtslage

Eine wichtige rechtliche Grundlage zur Bekämpfung des Menschenhandels ist Artikel 182 des Schweizerischen Strafgesetzbuches. Es genügt der einmalige Handel mit einer Person, um den Straftatbestand des Menschenhandels zu erfüllen und bei einer Verurteilung droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren. Die Anwerbung von Opfern ist dem Handel mit Menschen gleichgestellt. Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wenn das Opfer unmündig ist oder der Menschenhandel gewerbsmässig erfolgt. Während Art. 182 den Handel mit Menschen zum Zwecke der Ausbeutung unter Strafe stellt, verbietet Art. 195 die Förderung der Prostitution. Damit werden Zwangsverhältnisse geahndet, in welcher eine Person gegen ihren Willen der Prostitution zugeführt wird oder in ihr verbleiben muss.

Nicht nur das Schweizerische Strafgesetzbuch besitzt Normen, die es ermöglichen den Menschenhandel in der Schweiz zu bekämpfen. Weitere Beispiele aus der nationalen Rechtssetzung:

Was tut die Polizei?

Menschenhandel ist ein Offizialdelikt und wird von Amtes wegen verfolgt, sobald die Polizei Kenntnis davon hat.

Da die Kantone und deren Polizeikorps zuständig für die Ermittlungen bei Verdachtsfällen von Menschenhandel und deren Strafverfolgung sind, können sich die Strategien und Vorgehensweisen von Kanton zu Kanton unterscheiden. Die Ermittlungen in diesem Bereich der Kriminalität sind oft sehr komplex und mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Oft ist eine Vielzahl von Akteuren involviert (Opferhilfe, kantonale Migrationsämter, Sozialbehörden etc.).

Gewisse Kantone haben innerhalb der Polizeikorps spezialisierte Dienstgruppen gebildet, die ausschliesslich oder zumindest regelmässig mit den Ermittlungen bei verdichteten Verdachtsmomenten auf Menschenhandel beauftragt werden. Auf diese Weise wird das nötige Fachwissen gebündelt und erfahrene Polizeiangehörige können die Ermittlungen unterstützend begleiten. Zudem wird durch die Bildung dieser Fachgruppen die polizeiliche Netzwerkarbeit unterstützt. Dieselben Vorteile bieten auf Menschenhandel spezialisierte Staatsanwälte. In wenigen Kantonen ermitteln bereits Staatsanwälte, die mit dem Thema Menschenhandel vertraut sind.

Was kann ich tun?

Seien Sie ein verantwortungsbewusster Freier – in der Schweiz sowie im Ausland.

  • Obwohl Zwangsprostitution nicht ohne weiteres identifiziert werden kann, gibt es Anzeichen, die darauf hindeuten. Erwähnt die im Erotikmilieu arbeitende Person Ihnen gegenüber, dass man ihr die Reisedokumente weggenommen habe, sie jegliche sexuelle Praktiken akzeptieren müsse, sie vergewaltigt wurde, sie zu ihren Diensten gezwungen werde oder sie unter exzessiver Beobachtung stehe, dann könnten dies Anzeichen von Menschenhandel sein.
  • Als Freier oder Kunde kann man ein Wegbereiter zur Opferhilfe sein. Man kann dem potentiellen Opfer entweder den Kontakt zu einer Beratungsstelle erleichtern oder die Beratungsstelle auf die Umstände aufmerksam machen. Dies sollte jedoch nicht ohne das Wissen der betroffenen Person geschehen, da es unvorhergesehene Folgen für die Person haben kann!
  • Die Fachstelle für Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) hat folgende Empfehlungen für verantwortliche Freier abgegeben:
    • Nutzen Sie Ihr Handy! Geben Sie der Frau die Möglichkeit zu telefonieren – mit einer Beratungsstelle.
    • Rufen Sie die Fachstelle für Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) unter der Telefonnummer 044 436 90 00 an. Die Beraterinnen dieser Fachstelle werden versuchen, Kontakt zu der Frau aufzunehmen, und sprechen mit ihr, wenn möglich in ihrer Muttersprache. Vorausgesetzt sie will das.
    • Geben Sie der Frau die Telefonnummer von FIZ und die Adresse der Webseite. Die Texte der Webseite sind in mehreren Sprachen (u.a. Ungarisch, Rumänisch und Thai) verfasst.

Informieren Sie sich und Ihr Umfeld über das Thema Menschenhandel.

  • Klären Sie Ihr Umfeld über Menschenhandel und Menschenschmuggel auf und zeigen Sie Ihren Verwandten und Bekannten, wo sie sich über Menschenhandel und Menschenschmuggel informieren können. Sensibilisieren Sie sie für die Opfer und erklären Sie ihnen, wie sie im Verdachtsfall vorgehen sollen.

Beratungsstellen

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