| Gastbeitrag

Hat Ihnen eine Drohung schon mal Angst gemacht? Zögern Sie nicht, in solchen Fällen die Polizei einzuschalten! Mit dem Bedrohungsmanagement kann die Polizei Risiken einschätzen und frühzeitig intervenieren. Reinhard Brunner, Chef der Präventionsabteilung der Kantonspolizei Zürich, erklärt, wie die Polizei mit Drohungen umgeht.

Wenn ich bedroht werde und ich die Drohung ernst nehme, ist es immer angebracht, sofort die Polizei zu informieren?

Drohungen sind inakzeptabel und sollen angezeigt werden. Dies vor allem dann, wenn eine Drohung ernst genommen wird und einen in Angst und Schrecken versetzt.

Wie ist das Vorgehen bei einer Anzeige?

Der Straftatbestand Drohung ist ein sogenanntes Antragsdelikt. Das heisst, die betroffene Person muss ihren Willen für eine Strafverfolgung bekunden, damit die Polizei handeln kann. Erfolgt die Drohung in einer Partnerschaft, wird die Straftat als Offizialdelikt von Amtes wegen verfolgt. Wichtig ist, dass sich betroffene Personen bei der Polizei melden.

Was unternimmt die Polizei nach einer Anzeige wegen Drohung? Was für Mittel stehen der Polizei zur Verfügung, um den/die Bedrohende/n zu beschwichtigen und eine Eskalation zu verhindern?

Liegt eine Drohung vor, prüft die Polizei die Lage hinsichtlich der Dringlichkeit. Ist die Drohung schwerwiegend und ernst zu nehmen, wird die beschuldigte Person verhaftet und der Staatsanwaltschaft zugeführt. Liegen Haftgründe vor – z.B. Kollusions-, Wiederholungs- oder Ausführungsgefahr -, stellt die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht einen Antrag auf Anordnung der Untersuchungshaft. In weniger drastischen Fällen kann die Polizei die beschuldigte Person auch für eine Befragung vorladen.

Werden alle Drohungen im Rahmen des Bedrohungsmanagements behandelt oder nur gewisse? Und wenn nur gewisse, was sind die Kriterien?

Strafrechtlich relevanten Drohungen kann sogenannt bedrohliches Verhalten vorausgehen. Dabei handelt es sich um Verhaltensweisen oder Äusserungen, die strafrechtlich (noch) nicht fassbar sind, aber dennoch begründet Anlass zu ernsthaften Befürchtungen geben, dass in absehbarer Zeit eine Gewalteskalation passieren könnte. Solche Verhaltensweisen werden als Vorboten oder Warnsignale hinsichtlich einer möglichen Gewalttat bezeichnet. Das Bedrohungsmanagement zielt darauf ab, solche Gefährdungssituationen bezüglich Risiko und Gewaltbereitschaft einzuschätzen und dann mit geeigneten Massnahmen zu entschärfen. In aller Regel wird das Gespräch mit der potenziell gefährlichen Person gesucht. Wir nennen das Gefährderansprache. Oft sind die Problemstellungen vielschichtig. Es bedarf der fallbezogenen Vernetzung mit Partnerorganisationen wie bspw. im Bereich der Sozialhilfe oder psychologisch/psychiatrischen Unterstützung, um gewaltauslösende Aspekte beseitigen zu können. Auch das potenzielle Opfer wird in die Fallbearbeitung miteinbezogen. In manchen Fällen sind Schutzmassnahmen notwendig.

Was passiert dann mit der drohenden Person?

Auf beschriebene Weise wird die Entschärfung des Risikos und die Stabilisierung der Situation angestrebt. Dies kann von Fall zu Fall einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir nennen das Gefährderbegleitung, was auf freiwilliger Mitwirkung der betroffenen Person basiert. Mitarbeitende des Gewaltschutzes bzw. des Bedrohungsmanagements stehen in Kontakt mit den betroffenen Personen, führen Gespräche, halten die Vernetzung zu anderen Stellen aufrecht, beurteilen fortlaufend das Risiko und schreiten ein, wenn die Situation trotz aller Bemühungen zu eskalieren droht und von einer Ausführungsgefahr für ein schweres Verbrechen auszugehen ist. In diesem Fall erfolgen die Verhaftung und Zuführung an die Staatsanwaltschaft. Die Erfahrung zeigt aber, dass in sehr vielen Fällen im Rahmen des Bedrohungsmanagements die Situationen entschärft und stabilisiert werden können. Als sehr wirksames Instrument zur Deeskalation hat sich die erwähnte Gefährderansprache etabliert. Betroffenen wird damit Gehör verschafft, was deeskalierend wirkt.

Wie kann man vorgehen, wenn die Drohungen über Social Media anonym erfolgen? Kann man dennoch Anzeige erstatten und was tut dann die Polizei?

Wenn Drohungen ernst genommen werden, sollten sie immer der Polizei gemeldet werden. Auch wenn sie über Social Media erfolgen. Die Polizei leitet dann die Ermittlungen zur Identifikation der Täterschaft ein. 

Kann eine Anzeige bei der Polizei eine Gefahr für das potentielle Opfer darstellen (wie es Drohende auch manchmal betonen)? Falls ja, wie geht man damit um?

Die Polizei prüft bei Anzeigen wegen Drohungen immer auch, inwiefern ein Schutzbedarf für das Opfer besteht. Entsprechend werden die nötigen Massnahmen immer auf den Einzelfall abgestimmt eingeleitet.

Reinhard Brunner ist Chef der Präventionsabteilung der Kantonspolizei Zürich.

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