Das Internet bietet zahllose Möglichkeiten, sich unverbindlich und ohne Angabe von Namen und Adressen mit Personen aus aller Welt schriftlich, via Internettelefonie oder in einem Videochat auszutauschen. Das Phänomen Sextortion zeigt auf, dass in gewissen Fällen ein unverbindlicher, anonymer Austausch in Internet in Wahrheit einem festgelegten, kriminellen Plan folgt, der damit endet, dass das Opfer befürchtet, vor seiner Familie, seinen Freunden und Bekannten blossgestellt zu werden. Oft sind wir online nämlich nicht so anonym unterwegs, wie wir denken.

Definition

Sextortion bezeichnet eine Erpressungsmethode, bei der eine Person mit Bild- und Videomaterial erpresst wird, das sie beim Vornehmen sexueller Handlungen (Masturbation) und/oder nackt zeigt. Der Begriff Sextortion setzt sich aus «Sex» und «Extortion» (engl. Erpressung) zusammen.

Modi Operandi

Die klassische Variante

Die Zielpersonen erhalten über soziale Netzwerke (z. B. Facebook oder Dating-Plattformen) eine Einladung oder Freundschaftsanfrage einer ihnen unbekannten, attraktiven Frau. Nach der Annahme dieser Einladung oder Anfrage nimmt die Frau via Chat Kontakt mit der Zielperson auf und verwickelt sie in ein Gespräch. Sie schlägt vor, in einen Videochat (z. B. Skype) zu wechseln. Dort bringt sie die Zielperson dazu, sich zu entblössen, zu masturbieren, ausgelassen nackt herumzutanzen oder anzüglich zu posieren. Sie gaukelt der Zielperson zu diesem Zweck vor, dass sie sie sehr attraktiv findet, sexuell erregt ist und/oder einen sehr lockeren Umgang mit Nacktheit und Masturbation hat. Um glaubhaft zu wirken, macht sie den ersten Schritt, indem sie beispielsweise ihre Brüste zeigt oder beginnt, sich vor der Zielperson zu befriedigen. Ohne dass die Zielperson es bemerkt, werden alle ihre Handlungen während des Videochats aufgezeichnet. Sie wird später von Erpressern kontaktiert und zu einer Geldzahlung aufgefordert. Man droht ihr, die Aufnahmen unter ihrem Namen auf YouTube zu veröffentlichen, sie per E-Mail an Familienangehörige, Freunde oder den Arbeitgeber zu schicken oder den Link auf Facebook zu veröffentlichen.

Die Spam-Variante (fake sextortion)

Es kommt auch vor, dass die beschriebenen Erpressungsversuche als Spam an zahlreiche Personen als «leere Drohung» versendet werden. Die kriminellen Absender haben die Hoffnung, dass sich unter den Empfängern Personen befinden, welche sich in letzter Zeit Pornos angeschaut haben, durch die Androhung eingeschüchtert werden und deshalb zahlen. In diesen Fällen ist der Computer der Betroffenen weder infiziert, noch ist die Täterschaft tatsächlich im Besitz von kompromittierendem Material.

Fake-Sextortion E-Mails können Sie ans Bundesamt für Cybersicherheit BACS melden: https://www.report.ncsc.admin.ch/de/

Opfer und häufige Begleitumstände

  • Die überwiegende Mehrheit der Opfer von Sextortion ist männlich. Es handelt sich dabei sowohl um Jugendliche als auch um Erwachsene.
  • Häufig finden die Chats in gebrochenem Deutsch, Französisch oder in Englisch statt.
  • Die Täterinnen und Täter befinden sich im Ausland und auch die Geldzahlungen gehen auf ausländische Konten.
  • Es gibt immer wieder Fälle, in denen die Opfer die geforderte Geldzahlung leisten, aber das Bild- oder Videomaterial dennoch veröffentlicht wird oder erneute Forderungen gestellt werden.

Rechtslage

In der Schweiz existiert kein eigenständiger Gesetzesartikel zu Sextortion.
Mögliche und typische Straftatbestände, die bei Sextortion erfüllt werden, sind:

Was tut die Polizei?

Sextortion geht immer mit der Erpressung der gefilmten Person einher. Erpressung nach Art. 156 StGB ist ein Offizialdelikt. Ein Offizialdelikt ist eine Straftat, die die Strafverfolgungsbehörde von Amts wegen verfolgen muss, wenn es ihr zur Kenntnis gelangt. Sobald die Polizei Kenntnis von einem Sextortion-Fall hat, nimmt sie deshalb die Ermittlungen auf.

Bitte beachten Sie, dass die Chance, die Täterinnen und Täter zur Rechenschaft zu ziehen und bereits bezahlte Geldbeträge zurückzuerhalten, relativ gering ist. Sie sollten dieses Internetdelikt dennoch zur Anzeige bringen. Nur so erhält die Polizei Informationen zum Ausmass des Deliktsfeldes, kann Zusammenhänge herstellen und allenfalls Ermittlungsmöglichkeiten finden. Überwinden Sie Ihre Scham und machen Sie sich bewusst: Die Polizei ahndet Verbrechen, keine menschlichen Schwächen!

Was kann ich tun?

Damit ich kein Opfer werde:

  • Nehmen Sie keine Freundschaftsanfragen und Einladungen in sozialen Netzwerken an, wenn Sie die Person nicht zweifelsfrei identifizieren können oder im realen Leben bereits getroffen haben.
  • Machen Sie sich stets bewusst, dass Sie während eines Videochats gefilmt werden könnten und verzichten Sie deshalb auf Handlungen, für welche Sie sich im Nachhinein schämen könnten.
  • Deaktivieren und überkleben Sie Ihre Webcam immer, wenn Sie nicht gerade via Videochat mit jemandem sprechen.
  • Informieren Sie Ihr Umfeld über diese Erpressungsmethode.

Wenn ich Opfer geworden bin:

  • Gehen Sie nicht auf die Forderung der Erpresser oder Betrüger ein: Zahlen Sie nicht!
  • Brechen Sie den Kontakt zur Frau und zu den Erpressern sofort ab. Löschen Sie sie aus Ihrer Freundesliste und reagieren Sie nicht auf ihre Mails, SMS und dergleichen.
  • Falls die Erpresser Bild- und Videomaterial veröffentlicht haben, wenden Sie sich so schnell als möglich bei der betreffenden Plattform (Youtube, Facebook etc.) und verlangen Sie umgehend die Löschung der sexuellen Inhalte.
  • Richten Sie einen Google Alert mit Ihrem Namen ein. Auf diese Weise werden Sie über neue Videos und Fotos, die mit Ihrem Namen im Internet hochgeladen werden, informiert.
  • Sichern Sie alle Beweise: Das Bild- und Videomaterial, mit welchem Sie erpresst werden, die Kontaktdaten der Erpresser und der Frau, sämtliche Nachrichten, die Sie von ihnen erhalten haben (Chatverläufe, E-Mails etc.), Angaben für Transaktion etc. und erstatten Sie Anzeige bei Ihrer Polizei.
  • Sprechen Sie mit einer Vertrauensperson über den Vorfall oder suchen Sie sich psychologische Hilfe, falls Sie bemerken, dass die Erpressung Sie zu sehr belastet.

Lass dich nicht sex-erpressen!

Dieser Moment, … wenn Menschen realisieren müssen, dass sie mit intimem Bildmaterial erpresst werden, ist für viele schrecklich. So genannte Sextortion-Fälle treten in verschiedenen Formen auf; sei es als Folge eines erotischen Chats oder als Spam. Beide Modi Operandi nutzen den Umstand, dass die Betroffenen vermeiden wollen, dass (vermeintlich) vorhandenes, kompromittierendes Bildmaterial öffentlich gemacht wird oder an Freunde und Bekannte geschickt wird und dafür auch zahlen. Die Präventionsbotschaft ist aber in beiden Fällen eindeutig: Keep calm and don’t pay! 

Diese und weitere Ratschläge finden Sie in diesem A5-Faltblatt. Zudem auch Tipps für Erwachsene, wie solche Erpressungen vermieden werden können, falls nicht auf Cybersex verzichtet werden will.

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